Was ist die häufigste Ursache für Rechtsstreitigkeiten – gerade am Bau?

Die Inhalte einer vertraglichen Leistung lassen sich unterschiedlich interpretieren.

Das ist ein Faktum. Und zwar egal ob sich der Auftragnehmer mit einer unklaren Formulierung ein mögliches Hintertürchen für  Nachtragsforderungen offen gehalten hat, oder ob hinter einer missverständlichen Formulierung weder Absicht noch Wille stehen. Auch der trockenste Vertragstext bleibt ein Text mit Interpretationsspielraum. Gerade am Bau!

Sowohl die Frage nach dem Leistungssoll des Bauunternehmens als auch alle gewährleistungs- und vergütungsrechtlichen Fragen kreisen letztlich um die Frage nach der geschuldeten Leistung, um eine Soll-Leistung, die spezifische Defizite aufweist. So detailliert kann eine Leistungsbeschreibung gar nicht sein, dass sie nicht Optionen für Interpretationsspielräume bereithalten würde.

Konfliktmotor Konjunktur?

Gerade am Bau führt die allgemeine Konjunktur zu einer Zuspitzung der Lage: In Zeiten der Flaute führt ein erhöhter Wettbewerbsdruck nicht nur zu einer Vielzahl von konkurrierenden Anbietern, sondern oftmals auch zu einer prekären Gewinnkalkulation. Bei Hochkonjunktur hingegen können zwar hohe Preise durchgesetzt werden, doch in der Regel führen dann Personalmangel zu zeitlichen Verzögerungen und knappe Materialien zu deutlich höheren Einkaufspreisen.
 

In jedem Fall sind Konflikte vorprogrammiert. Die häufigsten Konfliktursachen sind auf Schwierigkeiten zurückzuführen, die genau dann auftreten, wenn (Teil)zahlungen als Gegenleistung zur Beseitigung beanstandeter Mängel vereinbart werden sollen.

Wie kann vorgebeugt werden?

Jeder Vertrag sollte eine Formulierung zu einem gemeinsamen Klärungsprozess enthalten. Gerade darauf wird aber meist (unter Zeitdruck) vergessen und irgendein Standardvertrag wird aus der Schublade gezogen. Eine Mediationsklausel erhöht jedoch ganz grundsätzlich die Chance darauf, dass sich die Parteien anstatt den Gerichtsweg zu beschreiten, auf ein Mediationsverfahren zur Streitbeilegung und Konfliktklärung einlassen.

Bei größeren Bauprojekten kann ein Baumediator fixer Teil der Verhandlungen sowie des gesamten Baufortschritts und -verlaufs sein. Er hält die Kommunikation am Laufen, thematisiert Missverständnisse und fördert die Verständigung.

 


Vgl. dazu auch: Heinzerling, Klaus / May, Andreas: Mediation in der Bau- und Immobilienwirtschaft, 2023.