Krankenstände aufgrund psychischer Störungen in Österreich
Hohe Kosten und persönliches Leid – beides vermeidbar!
Das bringt ein Konfliktmanagementsystem wirklich:
Die Fakten
Die Zahl der Krankenstandstage pro erwerbstätiger Person nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Auch die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Störungen nehmen zu und zugleich steigt die durchschnittliche Krankenstandsdauer an (vgl. Statistik Austria). Berechnungen für Deutschland ergeben, dass die Krankenstandsdauer aufgrund psychischer Störungen mit ca. 35 Tagen deutlich länger ist als Ausfallszeit aufgrund körperlicher Erkrankungen. Für Unternehmen bedeutet dies nicht nur hohe Kosten und Produktivitätseinbußen, sondern auch den Verlust von Know-how (vgl. Unkrig 2021). Die Zahlen für Österreich sind nicht nur vergleichbar, sondern in Teilen noch dramatischer (siehe unten).
Negative Gefühle wie Traurigkeit, Verzweiflung, Angst oder Depression nehmen zu. 15% der Frauen und 9% der Männer gaben an, in den der Befragung vorausgegangenen zwei Wochen häufig oder immer solche Gefühle gehabt zu haben. 12% der Frauen und 10 % der Männer gaben an, in den vorausgegangenen 12 Monaten negative Veränderungen ihrer Psyche festgestellt zu haben (vgl. BMSGPK). Jüngere Menschen zwischen 18 und 34 Jahren leiden häufiger unter psychischen Störungen (vgl. DtVP).
Die Kosten
Das Bruttojahreseinkommen (Median) der unselbständig Erwerbstätigen lag 2023 bei 35.314 €, das bedeutet 45.713 € Kosten für den Dienstgeber. Ganzjährig Vollbeschäftigte verdienten im Median 51.500 € brutto und kosteten dem Dienstgeber damit 66.665 €. Nehmen wir durchschnittlich 230 Arbeitstage an, kostet dem Unternehmen ein Mitarbeiter 198,75 € bzw. 289,84 pro Tag. Das WIFO weist eine durchschnittliche Krankenstandsdauer bei psychischer Erkrankung von 37 Tagen aus. Von 100 Männern wurden durchschnittlich 2,7, von 100 Frauen durchschnittlich 5,1 Krankenstandsfälle aufgrund psychischer Störungen ermittelt.
Nehmen wir eine gleiche Verteilung von Männern und Frauen an: In einem Unternehmen mit 100 Mitarbeitern verursachen Krankenständstage aufgrund psychischer Erkrankungen Kosten von 28.719 € bzw. 41.882 € im Jahr ohne Gegenleistung. In anderen Worten: eine direkte Reduzierung im operativen Ergebnis.
Das ist allerdings noch konservativ gerechnet. Nehmen wir laut Statistik Austria die Kosten für eine durchschnittliche Arbeitsstunde von 40,9 € an, ergeben sich durchschnittliche Kosten von rund 50.000 € – Gemeinkosten sind da noch gar nicht mitgerechnet! Ganz zu schweigen von weiteren indirekten Kosten wie Produktionsausfälle, Überstunden, Mehraufwand in der Verwaltung und Produktivitätsverlust.
Was hat das nun mit Mediation zu tun?
Ganz einfach: Es gibt „einen hochsignifikanten Zusammenhang (r = ,33) zwischen interpersonellen Konflikten am Arbeitsplatz und Depressivität. Weiterführende Analysen zeigten, dass interpersonelle Konflikte in der Gruppe der Frauen in Wechselwirkung mit negativer Affektivität Depression vorhersagten, während bei Männern eine direkte Beziehung zwischen sozialen Stressoren und Depression nachweisbar war.“ Kurzum: Es lässt sich ganz eindeutig ein Zusammenhang zwischen psychischer Störungen und Arbeismerkmalen bzw. Arbeitsbedingungen nachweisen (vgl. Rau/Gebele/Morling).
Konflikte kosten also nicht nur sehr viel Geld und verursachen individuelles Leid, sondern sie sind auch noch völlig unnötig, weil sehr einfach vermeidbar.
Instrumente der Mediation und ein effizientes Konfliktmanagementsystem bedeuten eine Investition in eine resiliente Unternehmenszukunft.
Und was hat das ganze mit Kommunikation, Führung, Werte und Fehlerkultur zu tun?
Auch wieder kurz und knapp: Die wichtigsten arbeitsbedingten Einflussfaktoren sind hohe Anforderung bei geringem Tätigkeitsspielraum, Gewalterfahrung, geringe Entwicklungsmöglichkeit, geringe Bedeutsamkeit der Arbeit, geringe Unterstützung, Überlastung, emotional belastende Interaktionsarbeit innerhalb des Unternehmens, Mobbing, Diskriminierung und so weiter (vgl. Arbeitsinspektion).
Wie können wir gegensteuern? Durch eine wertschätzende, aufrichtige, gewaltfreie und niederlagfreie Kommunikation. Durch authentische, funktionale Führung. Durch ein verständliches Leitbild, mit einer klaren Vision und unmissverständlichen Leitlinien. Durch zielorientierte Einflussnahme, durch die Unterstützung und Befähigung von Mitarbeitern und die Bereitstellung von nötigen Ressourcen für eine effiziente Entscheidungsfindung.
Quellen:
- Arbeitsinspektion: arbeitsbedingte psychische Erkrankungen
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK): So geht’s uns heute: die sozialen Krisenfolgen im ersten Quartal 2024 – Schwerpunkt: Geschlechtsspezifische Unterschied. Ergebnisse einer Statistik-Austria-Befragung. Wien, Juni 2024.
- Fehlzeitenreport 2022 – Krankheits- und unfallbedingte Fehlzeiten in Österreich
- Psychotherapie-Report: DtPV Deutsche PsychotherapeutenVereinigung e.V.
- Rau, R./Gebele, N./Morling, K.: Untersuchung arbeitsbedingter Ursachen für das Auftreten von depressiven Störungen. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2010.
- Statistik Austria: Einkommen und soziale Lage
- Statistik Austria: Krankenstände
- Unkrig, Erich R.: Resilienz im Unternehmen – den Faktor Mensch fördern. Handlungsempfehlungen und praktische Umsetzung. Springer Gabler, Wiesbaden, 2021.